In den Ortskern einer vom Tourismus geprägten Insel wie Juist gehören keine Büros von Steuerberatern, Rechtsanwälten, Architekten und vor allem keine Makler der Immobilienwirtschaft. Diese Ansicht vertritt die Inselgemeinde Juist und will daher einen Aufstellungsbeschluss für eine Änderung des Bebauungsplanes für das Ortszentrum. Eigentlich wollte man dort nur Einzelhandel und Gastronomie zulassen, doch so einfach ist die Sache nicht, wie man auf den Sitzungen vom Bauausschuss und Gemeinderat hörte.
Schon im Bauausschuss wollte die CDU-Fraktion das so nicht stehen lassen. Was sei mit dem kundennahen Handwerk, der Gesundheit, Unterhaltung, Kreditinstitute? All diese Betriebe gibt es im Zentrum, sie hätten dann nur Bestandschutz und könnten sich nicht verändern. Ratsmitglied Gerhard Jacobs stellte daher die Frage, was passiert, wenn ein zweiter Friseur sich dort niederlassen oder eine Bank in größere Räume umziehen will. Dem schlossen sich auch die Vertreter vom Bündnis Juist an, so dass der Beschlussvorschlag entsprechend geändert wurde, wonach diese Leistungen ebenfalls im Ortskern zugelassen werden können. Der Rest kam dann auf eine sogenannte Negativliste. Allerdings wurde auch vom Bauausschuss bemängelt, dass in einem ehemaligen Schuhgeschäft jetzt eine Fahrradvermietung direkt an der Hauptkreuzung beim Rathaus eingezogen ist und die Fahrräder seitdem Fußgängerweg und den Bereich der Bordsteinkante blockieren.
Ärger gab es dann auf der Ratssitzung, da die Verwaltung von sich aus Büros für die Vermietung von Ferienwohnungen ebenfalls mit auf diese Liste gesetzt hatte. Auch wenn über diese Büros fast ausschließlich Zweit- und Ferienwohnungen von Festlandsinvestoren vermietet werden, so könne man sie nicht raus nehmen. Ratsherr Tjard Gillet (Grüne): „Die Büros sind Ansprechpartner für viele hunderte von Gästen, diese Anlaufpunkte brauchen wir.“ Ratsherr Jens Wellner (CDU) kündigte ebenfalls seine Gegenstimme an, weil hier ein Beschlussvorschlag vorgelegt wurde, der so nicht im Bauausschuss erarbeitet wurde. Zudem seien ihm Vermietungsbüros lieber als Leerstand.
In dem betroffenen Gebiet gibt es derzeit gleich vier Büros, die sowohl Ferienwohnungen vermieten, wie auch als Immobilienmakler fungieren. Beim größten Betrieb, der Firma Engel & Völker, hatte die Gemeinde das Einvernehmen zu dem Büro nicht erteilt, der Landkreis Aurich hat es indes genehmigt, weil im gültigen Bebauungsplan nichts steht, was dagegen spricht. Früher war in dieser exponierten Lage in der Strandstraße jahrzehntelang ein Friseurbetrieb, zuletzt ein Bekleidungsgeschäft.
Zahlreiche Ratsmitglieder gehen davon aus, dass die vier Ladenlokale ohne die Vermietungs/Maklerbüros leer stehen würden, denn schon seit längerem kämen keine neuen Einzelhandelsbetriebe dazu. Vielmehr würde es Umzüge von bestehenden Betrieben in größere Räume geben oder aber Filialen eingerichtet, teilweise um als Outlet die Vorjahreswaren noch an den Gast zu bringen. Grund für die fehlenden Neuansiedlungen von Läden sieht man vor allem darin, dass es für die Inhaber und Mitarbeiter keinen Wohnraum auf der Insel gibt. Ratsvorsitzender Björn Westermann (Pro Juist) sieht einen anderen Grund: „Wenn Ladenlokale nicht vermietet werden, dann sind wohl die Preise dafür zu hoch.“ Ihm ging es aber vorrangig darum, weitere Makler- und Vermietungsbüros zu vermeiden.
In jedem Fall geht nun die entsprechende Änderung des Bebauungsplanes in die öffentliche Auslegung und Anhörung der Träger öffentlicher Belange. Dort hat dann jeder die Möglichkeit, entsprechende Einwendungen zu erheben, worin Bürgermeister Dr. Tjark Goerges (parteilos) auch eine Chance für die Vermietungsbüros sieht, ihre Standpunkte klar zu machen. Die Abstimmung im Rat verlief recht knapp, nur vier Ratsmitglieder stimmten dafür, drei dagegen. Es gab eine Enthaltung, ein Ratsherr hatte sich für befangen erklärt und zwei weitere fehlten auf der Sitzung.
In der Einwohnerfragestunde stellte ein Juister Bürger die Frage, warum am Hafen nur die Wippen, nicht aber die Fahrräder entfernt wurden? Zudem wollte er wissen, wie hoch die Kosten für das Entfernen der Wippen waren und welche Einnahmen durch das Kassieren von Bußgeldern hereingekommen seien. Goerges will die letzte Frage auf der nächsten Sitzung beantworten. Ansonsten käme die Anordnung vom Landkreis, man habe aber entsprechende Einwendungen dort erhoben, da Fahrzeuge nicht als Objekte zählen, die Aufschwimmen können. Die Frage, warum die Wippen nun neben der Straße zur Rettungsstation stehen, beantwortete Goerges, weil dieses Gebiet der Gemeinde gehöre und man damit im Zwischendeichgelände einen Stellplatz habe, damit man die Fahrzeuge nicht zum Bauhof bringen müsste. Ratsherr Björn Westermann übte Kritik am Ordnungsamt, weil dieses seiner Meinung nach bei der Verteilung der Abstellverbotsschilder mit zweierlei Maß gearbeitet habe.
Unsere Fotos zeigen die vier Betriebe in der Wilhelm- und Strandstraße, wo neben Immobilienhandel und Ferienwohnungsvermietung zusammen betrieben wird. Das fünfte Foto zeigt die Wippen, die jetzt an der Zufahrtstraße zur Rettungsstation am Hafen stehen.
Update: Unsere Fotos zeigen drei der vier Betriebe in der Wilhelm- und Standstraße. Der vierte Betrieb verwies auf die große und jahrelange Zufriedenheit der Gäste, weshalb sein Bild - und der ganze Artikel - entfernt werden sollte.
JNN-FOTO: STEFAN ERDMANN