Wer glaubt, dass eine Wattwanderung für Insulanerkinder nichts Besonderes ist, wird überrascht sein: Rund die Hälfte der Grundschulkinder der Inselschule Juist war noch nie im Watt. Als es dann barfuß durch den kalten, glitschigen Schlick ging, war das Geschrei groß – eine Mischung aus Aufregung, Überraschung und echtem Entdeckergeist.
Am Freitagmorgen erlebten die Schülerinnen und Schüler eine außergewöhnliche Unterrichtsstunde direkt vor der Haustür: Eine geführte Wattwanderung mit Fiona Oerding vom Nationalparkhaus Juist brachte ihnen die faszinierende Tierwelt des Wattenmeeres näher. Ermöglicht wurde die Veranstaltung durch die Umweltstiftung BINGO, die den Kindern dieses besondere Erlebnis kostenfrei ermöglichte.
Trotz starkem Regen am Morgen war die Stimmung gut – wenn auch die Wanderung zunächst fast ins Wasser gefallen wäre. Der Start verzögerte sich, doch als der Regen nachließ, machten sich die Kinder schließlich barfuß auf den Weg. Schon auf dem Weg zum Watt-Eingang hatten sie sichtlich Spaß beim Hüpfen in die zahlreichen Pfützen.
Im Watt angekommen, zeigte Fiona Oerding den Kindern, was sich unter der Oberfläche des Schlicks alles tummelt. Besonders spannend war der Unterschied zwischen Muscheln und Schnecken. Die Herzmuscheln weckten besonderes Interesse, als sie sich mit kleinen Bewegungen blitzschnell wieder in den Sand eingruben – ein erstaunlicher Anblick.
Ein weiterer Höhepunkt war die Begegnung mit einem kleinen Krebs, dem gleich zwei Beine fehlten. Oerding erklärte, dass das für die Tiere kein Drama ist: Krebse können verlorene Gliedmaßen nachbilden – eine Fähigkeit, die die Kinder mit großen Augen bestaunten.
Auch Wattwürmer wurden gefunden – ihre typischen „Spaghetti-Haufen“ im Sand hatten viele schon einmal gesehen. Doch nun erfuhren die Kinder, dass diese Sandhäufchen für den Wurm selbst gefährlich sind: Sie verraten seine Position, sodass hungrige Vögel ihn leichter finden können. Der Wattwurm frisst Sand, filtert die darin enthaltenen Nährstoffe heraus und scheidet den Rest als gereinigten Sand wieder aus. Eine spannende Entdeckung: Seine Lebensversicherung liegt im hinteren Ende seines Körpers – denn dort ist fast nichts mehr enthalten. Sollte ein Vogel ihn dort erwischen, hat der Wurm eine Chance zu überleben.
Auch Austernfischer und andere Vögel konnten beobachtet werden. Fiona erklärte, wie wichtig Tarnung und Anpassung für das Überleben der Tiere im Watt sind – und dass das Leben im scheinbar kargen Schlick alles andere als ungefährlich ist.
Am Ende der Wanderung waren alle Füße nass und schmutzig – aber die Köpfe voller neuer Eindrücke. Ein herzliches Dankeschön gilt Fiona Oerding vom Nationalparkhaus für die engagierte Führung sowie der Umweltstiftung BINGO, die diese besondere Erfahrung ermöglicht hat.
TEXT UND FOTOS: JANINA HAGENOW