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Rat und Verwaltung: Weiterhin keine Fläche zum Kitesurfen im Juister Wattenmeer

Beigetragen von S.Erdmann am 12. Dez 2014 - 17:44 Uhr

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Zum Hauptthema der letzten diesjährigen öffentlichen Sitzung des Juister Gemeinderates am Donnerstagabend im Dorfgemeinschaftshaus entwickelte sich die Rücknahme eines Widerspruches gegen einen Ablehnungs- und Kostenfestsetzungs- bescheid der Nationalparkverwaltung (NPV) Niedersächsisches Wattenmeer. Die Gemeinde hatte die Ausweisung von Flächen östlich der Seebrücke für Kitesurfzwecke beantragt, was von der NPV abgelehnt worden war.

Derzeit gibt es nur eine Kitesurfzone am Strand, man wollte mit der Ausweisung einer zweiten Fläche auf der Südseite der Insel ein Ausweichrevier schaffen, da der Strand bei starkem Wellenauflauf oder ablandigen Wind oftmals zu gefährlich sei. Ebenso würde die Schaffung eines solchen Reviers der Bündlung ortsfremder Kiter dienen, die sonst wiederholt in sehr sensible Bereiche der Ruhezone einfahren. Die beantragte Fläche wird zudem schon immer für touristische Zwecke genutzt, hier befindet sich die Seebrücke, es gibt eine Surfschule, der Bereich ist als Ankerplatz für Boote ausgewiesen, dient dem Segel- und Motorbootsport und bei Ebbe zum Wattwandern.

Dennoch wurde der Antrag im Mai von der NPV abgelehnt, wogegen die Gemeinde im Juni Widerspruch gegen einlegte. Es fand dann im August ein Gespräch zwischen Ratsvertretern und dem Dezernatsleiter Naturschutz der NPV statt, in dem die Ablehnung ausführlich begründet wurde. Aufgrund von mehreren Gutachten, Stellungnahmen, Berichte der Landschaftswacht, Beobachtungen und Vor-Ort-Kontrollen habe die NPV über den Antrag nicht anders entscheiden können. Da die Aufrechterhaltung des Widerspruches letztendlich zu einer Klage mit entsprechenden Kosten aber ohne Erfolgsaussichten führen würde, empfahl die Verwaltung die Zurückziehung des Widerspruches. Man vertritt die Ansicht, dass die Argumente der NPV insbesondere vor dem Hintergrund der aktuellen Gutachten schlüssig sind, und auch der Tourismus sei durch die Ablehnung eines zweiten Reviers nur geringfügig beeinträchtigt.

Bevor der Tagesordnungspunkt aufgerufen wurde, gab es bereits Wortmeldungen dazu in der Einwohnerfragestunde. Ein als Windsurfer bekannter Insulaner befürchtet eine stark ansteigende Zahl von Unfällen mit Kitesurfern am Strand, wenn es die Alternative Wattenmeer nicht gäbe. Juist hätte zudem als einzige Insel den Vorteil, dass man hier keinen Standort der Natur abringen müsste, da die vorgesehene Fläche bereits zum Surfen und anderen sportlichen Aktivitäten genutzt werde. Durch die Ausweisung dieser Fläche würde man demnach keinen Präzedenzfall schaffen. Zudem sei das Kitesurfen ein wichtiges Thema für Juist, denn man müsse gerade für Jugendliche etwas tun.

Eine zweite Juister Surferin sprach sich ebenfalls dafür aus, den Widerspruch aufrecht zu erhalten mit dem Ziel, auch am Wattenmeer das Kitesurfen zu legalisieren. Sie verstrickte sich jedoch in einem Widerspruch zum Vorredner, da sie der Auffassung sei, das Kiten auf Juist würde von gestandenen Leuten, die voll im Beruf stehen, durchgeführt: "Hier fährt keiner mit einem Bulli an den Strand, diese Leute haben eine teure Ausrüstung, zahlen die teure Überfahrt und Unterkunft, sie wollen dann die Urlaubszeit für ihren Sport auch optimal nutzen."

Bürgermeister Dietmar Patron antwortete darauf, dass die Kiteschule am Strand außerhalb des bewachten Badestrandes sei, womit die Verantwortung in keinem Fall bei der Kurverwaltung liege. Die Schule habe vielmehr auf die Gefahren hinzuweisen, man wäre aber bereit, einmal mit dieser über Sicherheitsmaßnahmen zu sprechen. Frank Endelmann (CDU) erweiterte dieses, im Falle einer Ausweisung am Watt wäre ja auch nicht die Kurverwaltung für die Sicherheit zuständig. Im Übrigen sehe er keinen touristischen Nutzen bei einer Fläche im Watt, da nach seinen Beobachtungen in erster Linie der Bereich nur von Insulanern genutzt würde.

Nach der Einwohnerfragestunde verließen die befürwortenden Wortführer die Sitzung. Zu Beginn der Beratungen machte Bürgermeister Patron seinem Ärger darüber Luft: "Es ist sehr befremdlich, dass diese Zuschauer kein Interesse an der Beratung des Punktes haben und nun weg sind!" Gerd Rinderhagen (CDU) bemängelte dieses ebenfalls; da der Wortführer Mitglied der Grünen sei, sprach er direkt deren Ratsvertreter an, wie sie über die Sache denken würden. Hier gab es total unterschiedliche Meinungen, Jens Heyken steht voll hinter dem Verwaltungsentwurf, der Tourismus würde auch ohne die Fläche laufen: "Vor Jahren hieß es auch, ohne Golfplatz kein Tourismus auf Juist. Und es läuft hier immer noch gut ohne." Seine Fraktionskollegin Heike Heiken sprach sich hingegen für den Klageweg aus: "Man solle nicht von vorne herein den Kopf in den Sand stecken".

Heiken vertrat zudem die Meinung, es würde eh zuwenig für Jugendliche auf der Insel getan. Das rief Hans-Ludwig de Vries (CDU) auf den Plan: "Das ist hier alles sehr fragwürdig. Eben hörte ich noch, dass die Kiter alle relativ alt sind und mit teurer Ausrüstung kommen, jetzt soll da plötzlich was für Jugendliche getan werden." Fraktionskollege Frank Endelmann dazu:" Wir müssen finanziellen Schaden abwenden. Bei unserer Haushaltslage geht so eine Sache nicht, wenn wir da eh nicht mit durch kommen!"

Jan Doyen-Waldecker (parteilos) würde gerne für die Sache weiterkämpfen, sah es aber als aussichtslosen "Kampf gegen Windmühlen" an. Derzeit bremsen bestehende Gesetze das Vorhaben aus, diese müssten erst einmal geändert werden.

Ralf Lüpkes (Pro Juist) bemängelte die Kosten von 1.700 Euro für Gutachten, die die Gemeinde bezahlen soll, obwohl der Standort Juist gar nicht begutachtet wurde. Fraktionssprecher Meint Habbinga war der Ansicht, man könne nicht von Gutachten über andere Standorte Rückschlüsse auf das Revier vor Juist machen. Zur Seebrücke mit den vielen Besuchern gehören Sportarten wie Surfen, Segeln und auch Kiten. Und: "Auf Norderney und Langeoog geht es doch auch."

Da sich im vorgesehen Wattenrevier bereits eine Surfschule befand, regte Habbinga als Kompromiss an, den Antrag umzuwandeln, um den Bereich nur für Schulungszwecke auszuweisen. Jens Heyken meinte, in dem Fall solle man lieber einen völlig neuen Antrag stellen. Frank Endelmann hielt das für unnötig: "Es hat bisher keine Schule deswegen gefragt, nur Kitesurfer." Und auch Claas Stegmaier (SPD) ergänzte: "Kiteschüler üben am Strand in den Prielen, am Watt habe ich noch nie Schüler gesehen."

Die Abstimmung ergab schließlich, dass die beiden Vertreter von Pro Juist, Meint Habbinga und Ralf Lüpkes, sowie Heike Heiken von den Grünen weiter kämpfen wollten und sich gegen die Zurückziehung des Widerspruches aussprachen. Die Mehrheit von sieben Ratsmitgliedern votierte für den vorliegenden Beschussvorschlag. Das elfte Ratsmitglied, der ebenfalls als segel- und surfbegeistert bekannte Björn Westermann, war an diesem Abend nicht zugegen.

Über die zahlreichen weiteren Punkte der Ratssitzung wird JNN morgen noch berichten.

Foto: Bei Kerzen und weihnachtlichen Gestecken wurde über sommerliches Kitesurfen im Wattenmeer gesprochen.
JNN-FOTO: STEFAN ERDMANN

 
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