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Aus der Region: Bei Fokken & Müller dreht sich alles um den Matjes

Beigetragen von S.Erdmann am 17. Jul 2017 - 23:22 Uhr

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Zu einem Urlaub an der Küste oder auf der Insel gehört einfach Fisch dazu. Fischspezialitäten stehen bei den Gästen an der Nordsee noch im Kurs. Auch der Matjes darf auf keiner Speisekarte fehlen. Doch was ist Matjes eigentlich, wo kommt er her und wie wird er hergestellt? JNN-Redakteur Stefan Erdmann hatte die Möglichkeit, den wohl bekanntesten Hersteller, die Firma Fokken & Müller zu besuchen. Klaas Müller (Foto) informierte über alles, was man zum Thema Matjes wissen sollte.

Die Stadt Emden ist nicht nur VW, sondern auch ein beliebtes Ausflugsziel für Urlauber in der Region. Das Landesmuseum, die von Henry Nannen gegründete Kunsthalle, Museumsfeuerschiff und –seenotkreuzer, Hafen- und Grachtenrundfahrten, Emden bietet da einiges. Beliebt auch die Emder Matjestage und der Matjeslauf. Damit erinnern die Stadtoberen an eine 450 Jahre dauernde Tradition, denn so lange war Emden Heimathafen einer großen Flotte von Heringsfischern. 1969 wurde die Heringsfischerei dann allerdings nach Bremerhaven verlegt; heute hat der Heringsfang für Deutschland keine wirtschaftliche Bedeutung mehr.

Wenn auch heute kein einziger Heringslogger mehr in Emden beheimatet ist, so werden immer noch große Mengen des beliebten Nordseefisches angelandet – allerdings per LKW – und weiter verarbeitet. Und zwar zum „Emder Matjes“, dem Markenzeichen der Firma Fokken & Müller GmbH & Co. Matjes- und Feinkostmanufaktur KG. Seit über 120 Jahren dreht sich dort alles um den Matjes in all seinen Formen. Die besondere Qualität der dort hergestellten Produkte basiert auf langjähriger Tradition, dem Fachwissen und der Zuverlässigkeit der Mitarbeiter und natürlich dem guten Draht zum Hering. Dank dieser Kombination entstehen originale Emder Matjes- und Feinkostspezialitäten, die sich bei Urlaubern wie auch Einheimischen gleichgroßer Beliebtheit erfreuen.

Dabei begann alles im Jahr 1895 erst einmal mit dem Handel von Landprodukten wie Gemüse und Kartoffeln, dann erst kam Fischerzeugnisse dazu. Doch verkaufen ist das eine, machen das andere. So begannen die Firmengründer Gerhard Müller und Weert Fokken mit der Produktion von Fischprodukten, wobei sich dieses anfänglich auf hart gesalzene Heringe in Fässern und Eimer beschränkte. Da beide Herren gerne ihren Namen vorne im Firmennamen sehen wollten, wurde das von den beiden ausgeknobelt. So entstand Fokken & Müller, den Fokken hatte gewonnen. Aber er hatte zwar Glück im Spiel, doch nicht der Liebe. So blieb der Nachwuchs aus und außer ihm gab es keinen weiteren Fokken mehr im Betrieb.

Anders sah es bei den Müllers aus, derzeit wird die Firma von Edzard und Reinhard Müller in der dritten Generation geführt, aber mit den Söhnen Sascha Weddermann, Klaas und Dirk Müller wirkt auch die vierte Generation bereits aktiv im Betriebs- und Geschäftsleben mit. Das Firmengelände befindet sich direkt am Alten Binnenhafen und dem Eisenbahndock in Emden, und auf einer Produktionsfläche von 6.500 Quadratmetern arbeiten dort rund 70 Mitarbeiter.

„Wir haben sehr zuverlässige und loyale Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, die für uns sehr wichtig sind“, so Klaas Müller. Groß ist der Anteil von ausländischen Mitbürgern, besonders viele Frauen, die aus Vietnam stammen, gehören zum Stammpersonal. Nicht aus Kostengründen, denn diese Mitarbeiterinnen bekommen denselben Lohn wie deutsche Kräfte, versichert Müller. Der Grund liegt einfach darin, dass ein Arbeitsplatz in der Fischverarbeitung für die meisten Deutschen wenig attraktiv ist. So stammen inzwischen auch Produktionsleiter und Vorarbeiterinnen aus Vietnam.

Nicht weniger wichtig ist ein gutes Produkt, denn „Qualität steht über allem, was wir tun“, so Klaas Müller. Vieles aus der Produktion wird natürlich geheim gehalten, dennoch gab Müller bei einer Betriebsbesichtigung durch das „Ostfriesische Gastgewerbe“ einige Dinge preis. So stammen die verarbeiteten Heringe aus norwegischem Sommerfang, d. h. die komplette Jahresproduktion wird in den Monaten Juli und August gefangen. Aus gutem Grund, denn kurz vor der Geschlechtsreife hat der Hering seinen optimalen Fettgehalt. Andere Heringe kommen als Emder Matjes nicht infrage.

Der Hering ist ein empfindlicher Fisch, er würde kaputt gehen, wenn man das Netz so an Deck zieht, so wird er aus dem Netz abgepumpt. Zudem sind Heringsfischer nach spätestens 48 Stunden wieder im Hafen, um den Fang zu entladen. In Norwegen entstehen die sogenannten Heringslappen, d. h. Kopf, Schwanz, Innereien und die Mittelgräte werden entfernt, die beiden Heringsfilets bleiben durch die Haut miteinander verbunden. „Dadurch bleibt das Filet hinter seinem natürlichen Schutzwall“, erläutert Müller. Vakuumiert und tiefgefroren behält er seine Frische, so kommt der Hering nach Emden, wobei er teilweise auch zuvor in den Niederlanden eingelagert wird.

Über eine spezielle Auftauanlage werden die Blöcke dann vom Eis befreit und die Heringslappen umgehend weiter verarbeitet. Sie werden gesalzen und zum reifen eingelegt, nach dieser Prozedur spricht Müller nicht mehr vom Hering, sondern vom Matjes. Die Trennung von der Haut erfolgt dann von Hand, denn Maschinen würden für die Bearbeitung viel mit Wasser arbeiten, was sich negativ auf den Geschmack und die Festigkeit der Filets auswirken würde. So bleibt dieses genauso erhalten wie die silberne Farbe. Mit geschickten Fingern trennen die Frauen die Filets von der Haut; sie haben zudem die Erfahrung, in der Hand das Gewicht des Matjesfilet zu erkennen und entsprechend in Eimern oder Schalen einzusortieren. Anschließend werden diese mit Speiseöl gefüllt, so dass die Ware ihren Geschmack nicht verliert, außerdem wird sie dadurch einige Wochen haltbar.

Alle zehn Tage kommt übrigens ein Tank-LKW voll mit neuem Speiseöl, denn besonders in der Hauptsaison werden gewaltige Mengen produziert, so bis zu 4.000 Eimer a 2,25 kg täglich. Jährlich werden rund 3.500 Tonnen Heringslappen, das entspricht 6.000 Tonnen Heringe, im Emden verarbeitet. Der Jahresumsatz des Betriebes liegt derzeit bei ca. 14 Millionen Euro.

Von Fokken & Müller wurde Ende der 90er Jahre die Marke „Emder Matjes“ entwickelt, eine Bezeichnung, die inzwischen auch weit über Ostfrieslands Grenzen bekannt ist. Der Name umfasst alle Variationen des Matjes, so den Räucher-, Sherry-, Zwiebel- oder Knoblauchmatjes. Etwas Besonderes ist auch der Bärlauch- und der beliebte Wintermatjes.

Auch Feinkost wie Marinaden und Salate gehören zum Angebot, so gibt es unter anderem einen Currymatjessalat, Sahne-Dill-Happen oder Emder Heringstopf. Zur Produktpalette gehörten aber auch Bismarckhering, Rollmops, Bratlinge, Brathering, Garnelen oder Seelachsschnitzel. „Immer wieder wird mal was Neues entwickelt, derzeit umfasst das Sortiment rund 30 Artikel“, so Klaas Müller.

Produziert wird kundenorientiert, d. h. es wird stark nach den eingegangen Bestellungen hergestellt, dass garantiert nicht nur frische Produkte, sondern spart auch Lagerfläche. Verkauft wird über den Großhandel, zur Kundschaft gehört der Fachhandel, der Lebensmitteleinzelhandel, Kantinen, und auch die Gastronomie weiß die Qualität vom Fokken & Müller zu schätzen und setzt diese Produkte gerne auf die Speisekarten. Eine Besonderheit dürfte der Werksverkauf sein, denn Kunden könnten tagsüber aus dem großen Sortiment direkt in der Fabrik auswählen.

Weitere Infos gibt es im Internet unter www.emder-matjes.de

(Aus „Ostfriesisches Gastgewerbe“)
JNN-FOTOS (7): STEFAN ERDMANN

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