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Rat und Verwaltung: PKW-Anhängerregelung kostentreibend und nicht praxisgerecht

Beigetragen von S.Erdmann am 18. Mär 2018 - 16:34 Uhr

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Rat und Verwaltung der Insel Juist haben eine neues Thema, mit dem sie sich in der nächsten Zukunft beschäftigen müssen: Der PKW-Anhänger! Juister Betriebe, allen voran die Hotellerie, ist an die Verwaltung herangetreten und hat in Gesprächen gefordert, die derzeitige Regelung zu lockern und praxisgerechter zu gestalten. Jetzt beschäftigte sich der Bau- und Umweltausschuss erstmalig mit dem Thema.

Allerdings sollte dieser lediglich beschließen, dass die Verwaltung beauftragt werde, eine neue Regelung zu formulieren, wonach die Güterarten, die per Anhänger transportiert werden dürfen, ausgeweitet und ein Testbetrieb bis zum Jahresende möglich sei. Der Beschlußvorschlag wurde aber mehrheitlich abgelehnt, die CDU-Fraktion will nun einen eigenen Antrag auf der nächsten Sitzung einbringen.

Für den Außenstehenden, besonders wenn er nicht von der Insel kommt, ist die Problematik schwer zu verstehen. Thomas Vodde von der Verwaltung führte den Sachverhalt ausführlich aus. Bisher sei die Nutzung von PKW-Anhängern auf der Insel und LKW-Anhängern im Hafenbereich per Ausnahmeregel geregelt, dieses wurde auf Lebensmittel und Möbel schränkt. Dieses möchte man nun gerne ausweiten, einige Betriebe möchten gerne mit eigenen Anhängern alle benötigten Waren anliefern lassen. Befürchtet werden dann negative Effekte auf das Ortsbild und die Verkehrssicherheit, weil nicht alle Betriebe private Abstellflächen auf ihren Grundstücken haben und diese Wagen dann auf den öffentliche Straßen parken würden. Auch Gäste könnten dann Anhänger mitbringen.

Ingo Hupens vom Ordnungsamt, der sich intensiv mit der Angelegenheit befasst hatte, stellt in seiner Ausarbeitung fest, dass man das Parken der Anhänger auf öffentlichen Straßen aufgrund der derzeitigen Rechtslage nicht wirksam unterbinden kann. Dieses sei nur durch ein generelles Parkverbot möglich, doch ein entsprechender Antrag sei vor einigen Jahren bereits vom zuständigen Landkreis abgelehnt worden. Selbst wenn der Landkreis nun ja sagen würde, dürfte der Vollzug durch die Polizei fraglich sein. Eine Überwachung durch Gemeindemitarbeiter sei nur möglich, wenn diese zu Vollzugsbeamten des Landkreises zur Überwachung des ruhenden Verkehrs bestellt und entsprechend ausgebildet werden.

„Wo sollen die Dinger alle stehen, schon jetzt steht alles kreuz und quer im Dorf?“ fragte Ausschussmitglied Arend Janssen-Visser (CDU). Er habe Verständnis für die Anliegen der Hotellerie und Gastronomie, allerdings sollten Ausnahmegenehmigungen nur erteilt werden, wenn diese eine private Stellfläche für ihre Wagen auf ihrem Grundstück hätten. Sein Fraktionskollege Gerhard Jacobs wollte erst einmal die Handhabung mit den LKW-Anhängern am Hafen geregelt wissen, diese Problematik sieht das Ordnungsamt aber nicht. Hupens: „Diese Hänger wiegen zehn Tonnen, d. h. sie können nicht mit Pferden gezogen werden. Damit erledigt es sich, denn die können nicht über die Insel transportiert werden.“

Hans-Ludwig de Vries (CDU) bemängelte, dass bei den Gesprächen mit der Gastronomie der Einzelhandel als wichtiges Standbein der Insel nicht mit einbezogen wurde, außerdem befürchtet er bei einer Lockerung, dass dann im Sommer auch die Zweitwohnungsbesitzer ihre ganzen Sachen per Anhänger mitbringen könnten. Da diese Grundstücke in der Regel derart voll gebaut sind, würden dann wochenlang dort überall Anhänger an den Straßenrändern stehen.

„Wenn es Kosteneinsparungspotentiale mit den Anhängern gibt, solle man diese nutzen, aber es darf keine Negativeffekte für die Insel geben“, stellte Meint Habbinga (Pro Juist) fest. Er riet dazu, dass die Verwaltung die entsprechende Regelung mit einer Testphase in diesem Jahr ausformulieren sollte. Jan Doyen-Waldecker (Pro Juist) legte Wert darauf, dass der Bauausschuss diese Regelung noch mal zur Beratung vorgelegt bekommt. Da ihm dieses aber nicht zugesagt wurde, stimmte er zusammen mit der CDU-Fraktion gegen den Beschlussvorschlag, lediglich Habbinga votierte dafür.

Da die Gespräche mit dem DEHOGA, Rat und Verwaltung nichtöffentlich waren, sprach JNN nach der Sitzung mit dem Vorsitzenden vom DEHOGA-Inselverband und Hotelinhaber Johannes Pabst, warum man jetzt dieses Thema aufgebracht hat. Vorab stellte Pabst erst einmal klar: „Die Hotellerie und Gastronomie stellt die Pferdeinsel und den Transport mit Pferd und Wagen nicht infragte.“ Dennoch müsste man sich etwas ausdenken, denn zahlreiche Regelungen sind nicht mehr zeitgemäß und unpraktikabel.

Er teile auch die Bedenken der Verwaltung und der Ausschussmitglieder, dass dann mehr Wagen auf den Straßen stehen könnten, aber das sei Sache des Ordnungsamtes, das schon jetzt entsprechende gesetzliche Möglichkeiten hätte. (Er meinte damit den § 12 der Straßenverkehrsordnung, wonach in Kurgebieten, wozu die Insel gehöre, innerhalb der geschlossenen Ortschaft das regelmäßige Parken von Anhängern mit über 2 Tonnen zulässiger Gesamtmasse in der Zeit von 22:00 Uhr bis 06:00 Uhr sowie an Sonn- und Feiertagen nicht zulässig sei). Derzeit würden rund zehn Betriebe aus dem Hotel- und Gastronomiebereich mit Anhängern arbeiten, für mehr als fünfzehn bis maximal zwanzig Häuser würde sich von der Betriebsgröße so etwas nur lohnen, so Pabst weiter.

In diesem Zusammenhang übte der DEHOGA-Chef auch Kritik an einigen seiner Kollegen aus der Gastronomie, die am Abend oder auch Freitagabend ihre leeren Rollkühlboxen an die Straße stellen würden, wohl wissend, dass diese nicht mehr abgeholt würden und über Nacht bzw. das ganze Wochenende dort stehen blieben.

Pabst selbst habe ebenfalls einen PKW-Anhänger, der in erster Linie für Getränketransporte genutzt werde. Pabst: „Ein solcher Transport kostet rund 300 Euro, bei Getränken und dem Rücktransport von Leergut lohne es sich. Andere Waren bringen kaum Ersparnis und können ebenso gut als Stückgut angeliefert und nach Gewicht abgerechnet werden.“ Man habe aber weniger Fahrzeugbewegungen im Dorf, denn sein Anhänger würde einmal pro Woche hin und zurück gehen, ein Getränkehändler vor Ort würde mehrmals in der Woche an- und nachliefern.

Um den Anhänger auf den Hof zu bekommen, habe er sich einen kleinen Elektromover (eine Ziehhilfe mit einem zugkräftigen Elektromotor, wo die bedienende Person mitläuft) zugelegt. Pabst: „Man kann nicht jedes Mal fünf bis sechs Personen aus allen Betriebsteilen zusammenholen, um den Anhänger zu schieben.“ Außerdem sei das Gerät ideal und besser als Pferde, um Warenanhänger über Steigungen (z. B. zur Standhalle) zu bringen. Pabst wollte den Mover gerne offiziell anmelden, doch der TÜV stellte fest, dass dieses weder möglich noch nötig sei, dass es sich lediglich um ein Hilfsmittel und kein Fahrzeug handelt.

Nach Ansicht der Hotellerie sei eine veränderte Handhabung der bisherigen Praxis vonnöten. Pabst: „Wir schaukeln hier die Preise hoch!“ Er wurde auch konkret, so wurde einem Handwerksbetrieb, der eine Klimaanlage bei ihm liefern und einbauen sollte, die Genehmigung verweigert, die nötigen Teile, Maschinen und Werkzeuge per Anhänger nach Juist zu liefern. Zeitgleich war ein Tischlereibetrieb bei ihm im Haus tätig, der problemlos eine Genehmigung für die Anlieferung seines benötigten Materials erhalten hatte. Der Klimaanlagenbauer erwägt inzwischen, Juist gar nicht mehr zu beliefern.

Noch extremer sei ein Beispiel, wo ein Paar im Hotel „Pabst“ anfangen wollte, das zuvor aus Norderney lebte und arbeitete. Ein Lieferant bot seinen Anhänger zum Transport des Hausstandes an, da dieser auf Norderney stand und eh leer zurück sollte. Die Reederei hatte eine Leerfahrt von Norderney direkt nach Juist und machte den Vorschlag, den Wagen und die neuen Mitarbeiter mitzubringen. Eine Genehmigung für den Transport wurde nicht erteilt. Der Anhänger musste erst nach Norden, dort wurde alles in einen Container umgeladen und nach Juist gebracht. „Das hat ein Heidengeld gekostet“, schimpft Pabst, „es ist ohnehin schwer genug, überhaupt Personal auf die Insel zu bekommen, und dann werde diesen Leuten solche Knüppel zwischen die Beine geworfen“. Daher plädieren er und der DEHOGA für praxisgerechtere und weniger kostentreibende Lösungen im Frachtverkehr mit Juist.

Unser Foto zeigt den Anhänger vom Hotel „Pabst“, der unsichtbar hinterm Hotel geparkt wird. Die Verwaltung und der Bauausschuss befürchten, dass die Straßen mit solchen und ähnlichen Wagen zugeparkt werden, wenn jeder so ein Fahrzeug nach Juist schicken kann, ohne einen Parkplatz auf seinem Grundstück zu haben.
JNN-FOTO: STEFAN ERDMANN