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Rat und Verwaltung

Rat und Verwaltung: Stellungnahme der Jugendbildungsstätte Theodor-Wuppermann e.V. (kurz Jubi) zur Flugplatzanbindung durch Geschäftsführer Joerg D. Bohn

Beigetragen von JNN am 19. Mai 2025 - 16:54 Uhr

Bild 0 von Stellungnahme der Jugendbildungsstätte Theodor-Wuppermann e.V. (kurz Jubi) zur Flugplatzanbindung durch Geschäftsführer Joerg D. Bohn

Das Thema hat sich, wenn nicht endlich und umgehend gehandelt wird von selbst erledigt, da der Flugplatz das nur noch kurze Zeit überlebt. Auf die wirtschaftliche Situation wurde immer wieder hingewiesen. Das ist die Basis auf der die Diskussionen stattfinden sollte, da sie sonst ohne Bedeutung ist.

Zunächst weiterreichende Informationen zu den rechtlichen Grundlagen zum Betreiben eines gewerblichen Flugplatzes, da diese in den vorangegangenen Veröffentlichungen nur auszugsweise wiedergegeben wurden:

Es ist erst einmal nicht entscheidend, ob es sich beim Flugplatz um einen Sonderlandeplatz oder einen Verkehrslandeplatz handelt. Entscheidend ist die Frage ob gewerblich geflogen wird oder nicht. Danach richten sich dann die Kosten für den Betrieb eines Flugplatzes und darum geht es. Jeglicher Verkehr mit zahlenden Fluggästen ist gewerblich. Da gibt es keine Ausnahmen! Dies traf auf die FLN zu und gilt aktuell auch für die OFD (deren Flugbetrieb wird hoffentlich in Kürze wieder aufgenommen) sowie die sich mit der Gemeinde im Gespräch befindliche Scandinavian Seaplanes. Bei gewerblichem Betrieb steigen die Kosten für den Flugplatz erheblich an, weil die Sicherheit von Passagieren und Besatzungen an erster Stelle steht und der Gesetzgeber dazu richtigerweise Richtlinien erstellt hat.

Dem Flugplatz Juist fehlen die Einnahmen aus der Anbindung von und nach Norddeich. Mit einer Etablierung der Norwegean Seaplanes auf dieser Route wäre dem Verkehrslandeplatz Juist aus eigener Kraft ein Überleben möglich. Dieses Überleben scheitert jedoch seit Monaten ausgerechnet an der fehlenden Anbindung Flugplatz-Hafen.

Gewerblicher Verkehr auf einem Flugplatz in der Größe wie Juist setzt immer, unabhängig von der Zulassungsart (z.B. Sonderlande- oder Verkehrslandeplatz), ein Minimum von gleichzeitig zwei Mitarbeitern vor Ort voraus. Das hängt von der erforderlichen Löschkategorie des anfliegenden Luftfahrtunternehmens ab. In der Regel reicht den hiesigen Luftfahrtunternehmen die Kategorie 1 die den Einsatz von gleichzeitig 2 Mitarbeitern erfordert. Einer davon auf dem Tower und der andere zum Löschen. In jedem Fall muss ein Löschen binnen weniger Minuten auf dem gesamten Flugplatzgelände gewährleistet sein.

Das Personal muss entsprechend geschult und jährlich nachgeschult sein. Löschfahrzeuge müssen ebenfalls regelmäßig geprüft und instandgehalten werden. Landebahnen und Rollwege müssen ebenfalls gepflegt werden. Abstellflächen sind zu mähen. An verkehrsreichen Tagen wird ein zusätzlicher Service durch ein „Follow me“ Fahrzeug notwendig. Landebahnmarkierungen oder technische Ausrüstung müssen regelmäßig erneuert werden.

Die wirtschaftliche Situation des Flugplatzes Juist und drohende Insolvenz:

Durch den Wegfall des Flugverkehrs aus Norddeich fehlen aktuell 75% der Einnahmen. In Zahlen für 2025 bedeutet das ca. 50.000 statt bisher 200.000 Euro.
Dem stehen für die Minimalbesetzung Aufwendungen von 2,5 qualifizierten Vollzeitstellen (BfL/ Beauftragte für Luftaufsicht) von 150.000 Euro an Arbeitgeberkosten und weiteren Betriebskosten von mindestens 50.000 Euro gegenüber. Der staatliche Zuschuss für Verkehrslandeplätze beträgt 50.000 Euro (gibt es für Sonderlandeplätze nicht). Somit fehlen 100.000 Euro. Genau diese Differenz könnte durch die „Norwegian Seaplanes“ eingenommen werden, wenn auch zu diesem Zeitpunkt nicht mehr vollständig. Dennoch würde es dem Verkehrslandeplatz ermöglichen, sich ins kommende Jahr zu retten und dann wieder aus eigener Kraft die schwarze Null zu erreichen.

Konsequenz:

Wenn nicht umgehend der Flugverkehr aus Norden durch Norwegian Seaplanes aufgenommen wird, kann die Jubi den Flugplatz nicht mehr lange halten. Die Jubi hat weder die finanziellen Mittel noch die rechtliche Möglichkeit aus der Gemeinnützigkeit heraus den Verkehrslandeplatz zu unterstützen. Ein Insolvenzantrag müsste dann in Kürze gestellt werden. Damit wäre der Flugplatz vermutlich erst einmal geschlossen bis der Insolvenzverwalter oder die Gemeinde einen neuen Betreiber findet und die Genehmigungsverfahren dafür abgeschlossen sind. Die wirtschaftlichen Herausforderungen bleiben auch dann unverändert.

Was kann getan werden?

Sofortige Anbindung des Flugplatzes ohne weitere Verzögerung. Aufnahme des Flugbetriebes durch „Norwegian Seaplanes“ noch vor Himmelfahrt! Eine weitere Verzögerung wird zwangsläufig zur Absage führen, da die Flugzeuge nicht länger für Juist zurückgehalten werden können und die Wirtschaftlichkeit dann so spät im Jahr nicht mehr gegeben sein wird.

Warum?

• 26.000 Gäste in 2024 können sich nicht alle geirrt haben, als sie das Flugzeug buchten. Viele sind nicht auf das Schiff gewechselt sondern machen anderswo Urlaub (Quelle: DEHOGA Juist)

• Arztbesuche auf dem Festland werden teurer, wenn z.B. dort übernachtet werden muss

• Umgekehrt Handwerksbesuche/ Wartungspersonalbesuche auf Juist auch.

• Gäste werden auf späte Fähren, falls überhaupt noch buchbar gezwungen, statt schon am Nachmittag fliegend anreisen zu dürfen (z.B. Himmelfahrt). Für den Gast zählt jede Stunde auf Juist. Für den Juister Gastronom auch. Der Gast möchte auch selbst entscheiden, wann und wie er auf die Insel gelangt.

• Einzelne Hotels haben bereits jetzt Stornierungen in fünfstelliger Höhe erhalten (Quelle: DEHOGA)

• Die Kaufkraft auf der Insel geht zurück

• Die Kosten für die Insulaner und Gäste gehen weiter nach oben. Die Gäste werden das spüren.

• Möglicher Ausfall der Fähren bei Ostwind

• Möglicher längerer Ausfall der Fähren bei Eisgang

• Geschützte Landemöglichkeit des Rettungshubschraubers bei Nacht

• Spontan notwendige An- und Abreisemöglichkeiten für Gäste und Insulaner

• Stau, Zug spät, Fähre verpasst und nun? Hotel auf Juist bezahlt und in Norddeich auch!

Anmerkung:

Wir alle können nur dankbar sein, dass wir im Fährgeschäft bisher mit Jens, Joerg und Andrea Menschen/Macher mit Herzblut haben, die ihre Arbeit maximal flexibel für uns gestalten (Danke dafür!). Aber was ist, wenn dem mal nicht mehr so ist? Möchte nicht schwarzmalen, aber keiner kann sagen was dann passiert. Auch daher sollten wir unsere Lebensader Flugplatz nicht einfach versiegen lassen.

Wovon reden wir überhaupt?

Auf der einen Seite wird das Dorfbild nicht vorrangig von Pferden, sondern hunderten E-Bikes, zahllosen Lastenrädern und mindestens 30 Radkutschen geprägt. Auf der anderen Seite soll eine elektrische Kutsche ausschließlich für den Passagiertransport vom Hafen am Deich entlang zur Jubi und zurückfahren, ohne auch nur das Dorf zu berühren. Dies mit dem Ziel den Flugplatz, die Jubi und das attraktive Ostende für unsere Gäste lebendig zu halten. Im Dorf wird eine hochfrequentierte E-Mobilität geduldet und eine einzige elektrische Wegebahn/ E-Kutsche (wo es weniger störend ist) soll das nicht sein!?

Wer erklärt das dem Stammgast, der nach 20 Jahren Juist, die Entwicklungen nicht nachvollziehen kann, nicht mehr ins Dorf zu gelangen und seine Reise gänzlich storniert (Quelle: DEHOGA Juist). Geht es uns wirklich so gut auf Juist? Nicht wirklich, oder? Es geht auch nicht zuletzt um die Sicherung von Arbeitsplätzen im Dorf, wie am Flugplatz und an der Jubi.

Von der Jubi möchte ich hier jetzt eigentlich gar nicht reden. Nur so viel, dass bis jetzt schon Hunderte unserer Gäste vom Hafen zum Flugplatz gelaufen sind und wieder zurück. Eine Zumutung für alle Beteiligten, auch für die Gepäckorganisation in Elektrokutschen, da in der Regel die Kutschbetriebe keine Kapazitäten für uns haben. Viele Gäste kommen gar nicht mehr. Menschen mit Einschränkungen müssen ihre geplante Reise zu uns absagen, was sehr schade ist.

Noch eine Zahl zu den Übernachtungen im Dorf aus den derzeitigen Flugbewegungen mit nächtlicher Abstellung der Flugzeuge. Jährlich ergeben sich daraus deutlich über 2000 Übernachtungen im Dorf. Auch diese Gäste benötigen Transport.

Ein Vorteil von Juist ist, dass man aus dem Dorf in zwei Richtungen Ausflüge unternehmen kann; 1x zur Bill und 1x zum Flugplatz. Nordernery kann das z.B. nicht bieten. Aus meiner Sicht sollten wir unserer Energie darauf verwenden, die Insel um ein attraktives Angebot am Ostende mit Ausflugsmöglichkeiten zu erhalten und weiter auszubauen. Dazu gehören Angebote durch ein funktionierendes Restaurant, vogelkundlichen Führungen, fliegerischen Einweisungen und Rundflüge z.B. zu den Seehundbänken, Ausstellungen, einen schönen Spielplatz mit dem Thema Fliegen sind da nur der Anfang. Neue Möglichkeiten für unsere Gäste, denen wir alle die schönsten Urlaubserinnerungen schenken wollen sind für die Zukunft unserer Insel von Nöten.

Die Aussage, den Flugplatz zur gewerblichen Anbindung nicht verlieren zu wollen und das Problem ins nächste Jahr zu vertagen, rettet den Flugplatz nicht. Erstens, ein neuer Betreiber müsste gefunden werden, und ob Norwegean Seaplanes oder ein anderer Anbieter sowie die FLN sich dann nochmals auf dieses Vorhaben einlassen ist ungewiss.

In diesem Sinne wünsche ich uns allen die Fähigkeit tief Durchzuatmen und zu einer Lösung zu gelangen, die an erster Stelle unseren Gästen gerecht wird und die wirtschaftlichen Konsequenzen für die Juister und beteiligten Unternehmen im Fokus hat.

TEXT: JOERG D. BOHN/JUBI JUIST