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News: Ende einer Ära an der roten Leuchttonne – 1. Teil

Beigetragen von S.Erdmann am 20. Jan 2021 - 14:09 Uhr

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Das war es. Zum Ende vergangenen Jahres wurde die Ladentür des Eisen- und Haushaltswarengeschäftes von „Behrends an der roten Leuchttonne“ endgültig geschlossen. Die lange Geschichte des Betriebes und wie es hier auf der Insel mit dem Kauf von Eisenwaren weiter geht, darüber berichtet JNN hier sehr ausführlich. Da eine solche Geschichte sehr umfangreich ist, haben wir den Artikel geteilt, in ein bis zwei Tagen folgt der zweite Teil mit zahlreichen Fotos.

Reinhard Behrends, der Vater des heutigen Inhabers, war nach der Zeit seiner kaufmännischen Lehre in Hamburg und dem Ende des ersten Krieges auf seine Heimatinsel zurückgekehrt. Dort betrieb er ein Reise- u. Verkehrsbüro im Haus Schmidt am Kurplatz.

Mit seiner Frau Käthe bewohnte er auch im oberen Teil des Hauses Schmidt eine kleine Wohnung. Das Wohnhaus im Ostdorf an der Herrenstrandstraße wurde 1934 gebaut. Der Bauplatz war eine bewachsene Düne. Mit tatkräftiger Unterstützung seines Vaters, Ihno Behrends, der in der Dellertstraße ein kleines Fuhrunternehmen hatte, wurde der Sand abgefahren.

Das Geschäft wurde dann am 6. September 1946 eröffnet. Im Souterrain begann in den Räumen des Wohnhauses das Haushaltswaren-Fachgeschäfts, noch bescheiden und sehr schlicht. Die Warenbeschaffung war zu der Zeit nicht nur schwierig und abenteuerlich, denn nicht Nachfrage und Preis bestimmten das Sortiment, sondern nur die Verfügbarkeit von Waren.

So waren die ersten Pfannen und Kochtöpfe aus Stahlhelmen gefertigt. Es fehlte an Allem. Trotzdem wuchs das Angebot schnell mit Glas- und Porzellanwaren, Besen und Bürsten. Eisenwaren waren von Beginn an eine wichtige Sparte.

Die bestellten Sachen kamen damals - in Holzwolle verpackt - in schweren Kisten und in Bahnbehältern (Die ersten „Container“ mit Rollen), später in Collicos, das waren Aluminium Klappkisten die immer wieder leer zurück gesandt wurden.
Alle Kisten und die Holzwolle waren Mehrwegverpackungen, als Leergut deklariert, wurden diese frachtfrei an die Absender zurück geliefert.

Innenverpackungen aus Pappe und im Karton gab es noch nicht, jeder Teller, jedes Glas war einzeln in Papier oder Holzwolle verpackt. Viel, sehr viel Putzerei war vor dem Verkauf nötig um die Ware präsentieren zu können.

Die Ladenräume wurden mit einem Ofen beheizt, und auch Öfen gehörten ins Lieferprogramm der jungen Firma.

Lehrlinge wurden ausgebildet(u.a. Joachim Rust, der später in der Bauunternehmung Johann Wilken im Büro arbeitete, Günther Poppinga(Poppi) hatte in Esens gelernt und arbeite viele Jahre bei Behrends. Ebenso Galt Noormann aus Norddeich, der nach seiner Ausbildung bei der Fa. Eisenwaren Bünting – heute Popken - in Norden auf die Insel kam und bei Behrends anfing).

Mit dem Anbau eines Lagerraumes wurde die erste Erweiterung und den 60iger Jahren der Ladenumbau mit neuer Einrichtung fertig gestellt.

Im Haus wohnten „Sommers“ auch noch Gäste, Paare, Eltern mit Kindern. Saison war von Pfingsten bis September, und während dieser Zeit zog die Familie unters Dach, oder wie bei Behrends ins Lager( Öl- oder Heizungsraum, der im Sommer nicht gebraucht wurde).Im Büro gab es Hilfe durch “Miss AOK“, Erika Riepen. (Reinhard Behrends stellte auch über viele Jahre die Krankenscheine für die AOK Norden auf Juist aus)

Der Sohn Reiner Behrends kam nach seiner Lehre auf dem Festland auf die Insel zurück. Krankheiten der Eltern machten seinen Plänen der Weiterbildung in fremden Betrieben in „Deutschland“ ein Strich durch die Rechnung. Die Lehre in Osnabrück war im März 1963 beendet und da rief die Insel, da rief der Sommer und das Watt – und das war allemal stärker als jedes Verkaufsgespräch hinter dem Ladentisch in München oder Frankfurt. So blieb der Junior auf seiner geliebten Sandbank „hängen“.

Der Betrieb wurde zur Fa. Reinhard Behrends & Co und Reiner Behrends jun. wurde als „Co.“ verantwortlich für die weitere Entwicklung. Reinhard Behrends sen. kümmerte sich in erster Linie um die Büroarbeit und war sonst mit seinem schwarzen Labrador „Blacky“ am Strand und Deich unterwegs. Seine Frau Käthe war die Seele vom Geschäft kümmerte sich um den Verkauf und die Sauberkeit im Laden.

Reiner Behrends jun. war auch auf der Insel Juist sehr aktiv. An ein recht streitbares Ratsmitglied und stellvertretender Bürgermeister, erst für die CDU, später für seine neu gegründete Wählergemeinschaft, erinnern sich sicher noch viele Juister. Vehement war Ende der siebziger/Anfang der achtziger Jahre sein Einsatz für den Erhalt der Juister Inselbahn.

Zudem führte er viele Jahre den Juister Heimatverein als Vorsitzender, wobei er auch in zahlreichen Untergruppen wie die Theatergruppe oder Bosselverein aktiv mitwirkte. Auch wurde in seiner Zeit als Vorsitzender das alte Insulanerhaus „Siebje“ am Janusplatz übernommen und renoviert, zudem entstand der noch heute erscheinende „Strandlooper“.

Auch im Segelklub Juist war Reiner Behrends aktiv tätig, hier darf nicht die „Condor“ unerwähnt bleiben, ein ehemaliger Marinekutter, den er zusammen mit dem viel zu früh verstorbenen Norbert Kattwinkel hege und pflegte. Auf viele gemeinsame Fahrten unter anderem bis Dünkirchen kann Behrends heute zurückblicken.

Untrennbar verbunden mit der Geschichte der Firma Behrends ist auch die rote Leuchttonne vor dem Haus. Der jetzt in den Ruhestand gehende Firmeninhaber Reiner Behrends erzählt hier auch die Geschichte, wie es zu der Tonne kam:

Die Idee, eine Fahrwassertonne am Geschäft einzugraben war schnell da, allerdings war es gar nicht so einfach diese Idee umzusetzen. Erst durch Vermittlung von Hermann Eilers gelang es, eine Tonne, die auch abgegeben wurde, zu finden. am Norderneyer Tonnenhof lag so eine ausgemusterte Spiere in entsprechender Größe.

Hermann Eilers und Wilhelm Tiedken (Onkel Willi vom Haus" Regina") fuhren auf dem Motorschiff „Ostfriesland“. Die Beiden waren mit Ihrem Ausflugsschiff zwei bis drei Mal die Woche mit Juister Gästen auf Norderney.

Die Spierentonne „L 2“ war in relativ gutem Zustand und auch noch gut in Farbe, aber sie wurde ausgemustert weil das Eisen dünn und beulig geworden war. Im Herbst 1956 vertrieb die Tonne bei einer schweren Sturmflut aus Südwest. Ausgerechnet am Kalfamer kam sie an. Der Norderneyer Tonnenleger „Norden“ holte das Seezeichen dort bei der nächsten Mittagstide ab und die Spiere L 2 landete auf dem Norderneyer Tonnenhof. Sie wurde nicht mehr verwendet, bis Hermann Eilers sie dort für Juist entdeckte, das war 1967.

Die Verhandlungen mit den Norderneyern waren nicht ganz leicht, aber im Mai des Jahres 1968 kam das Seezeichen nach Juist. Der Tonnenleger brachte die rote Spiere bis zur „Brücke“, dem alten Anleger, die Fracht betrug eine Kiste KÖPI (König-Pilsner) und eine Flasche Doornkaat, so hatte es Hermann Eilers ausgemacht. Mit der Inselbahn und dann mit dem Pferdegespann wurde die Tonne schließlich in das schöne Ostdorf transportiert. Für diesen Inseltransportweg wurde ebenfalls der Frachtsatz „eine Kiste KÖPI und eine Flasche Doornkaat“ erhoben. Da sage mal Einer: Von Norderney kommt nichts Gutes!

Im Herbst des Jahres 1968 wurde der „Pferdeweg“ der Herrenstrandstraße gepflastert, eine gute Gelegenheit das Seezeichen mit Hilfe eines Baggers aufzustellen und einzugraben. Der Standort wurde gewählt, weil an dieser Grundstücksecke keine Erdkabel verliefen. Der Kastanienbaum war damals nur 2,50 hoch und nur armdick. Im Jahr 2019 wurde dieser Baum gefällt, respektive gekürzt. Der Stumpf ist neben der Tonne immer noch sichtbar.

Bis 1981 war die Spiere eine unbeleuchtete Tonne, erst im September erhielt sie eine kupferne Laterne, gleichzeitig wurde auch der Anstrich erneuert. Im Sommer 1998 wurde die Tonne bis auf den Stahl abgeschliffen und erhielt einen kompletten Neuanstrich, bestehend aus acht Grundanstriche mit Epoxy, 4 x Grundierung , 6 x Tagesleuchtfarbe und 3 x Coelanversiegelung.

Seit 1968 heißt es auf Juist:
„Behrends an der roten Leuchttonne“

Nach dem Hausumbau (2015/16) wurde die Tonne grundsaniert und ein zweites Mal Stahlblank geschliffen. Die Anstriche: 6 x Zwei-Komponenten-Primer, 3 x Zwei-Komponenten-Tagesleuchtfarbe und 6 x Coelanversiegelung werden hoffentlich für die nächsten zwanzig Jahre Schutz vor Rost und Regen sorgen.

ENDE TEIL 1

(Fortsetzung folgt)